Die Besuche von Sigmund Jähn in Schmarl in den Jahren 2013 und 2019

Katja Eisele
2013 war Sigmund Jähn das erste Mal in Schmarl. Er kam zusammen mit einem Freund, mit dem wir im Vorfeld schon viel vorbereitet hatten. Mit ihm haben wir das Programm und die Öffentlichkeitsarbeit geplant, die Leute haben uns ja die Hütte eingerannt. Wir haben damals hier die Eintrittskarten herausgegeben: insgesamt 150, für das Atrium in der Schule. Und dann stand er plötzlich vor mir, der Mann, den ich als Kind im Geschichtsbuch gesehen hatte - Sigmund Jähn. Und er war so wunderbar normal. Er war eigentlich eine öffentliche Person, aber er war wie du und ich. Ehe sein Auftritt begann, war ich kurz mit ihm allein – und hatte dann doch so ein mulmiges Gefühl, fragte mich, wie es werden würde. Aber er war dann einfach irre menschlich, einfach nur freundlich und aufgeschlossen. Beim Vortrag gab es natürlich auch einige kritische Fragen, die sich auf die politische Situation zu DDR-Zeiten, seine Mitgliedschaft bei der NVA und dergleichen bezogen. Auch damit ist er sehr souverän umgegangen.
Helga Stastny
2019 war Sigmund Jähn hier in Schmarl zu Besuch. Wir, die Freunde der Luft- und Raumfahrt, hatten ihn eingeladen. Übernachtet hat er damals aber in Sievershagen. Er hat hier damals eine Rede gehalten, das hat er gut gemacht, er war noch relativ fit. Es waren viele Leute da, Kinder und Erwachsene. Nach seiner Rede wurde er zum Essen in das Hallenhaus eingeladen. Zum Kaffeetrinken waren wir dann auf dem Traditionsschiff: Wir hatten dort schön eingedeckt. Jeder konnte mit ihm erzählen, wir haben davon auch schöne Bilder. Alle waren angetan, Hartmut Lindners Sohn hat ihn dann zurück nach Berlin gefahren, wo er wohnte. Eine Woche später ist er verstorben. Kurz darauf verstarb auch seine Frau.
Eberhard Trost
Als Sigmund Jähn damals in Schmarl zu Besuch war, hat mir eine Sache besonders gefallen: Er hat sich nicht als oberster Offizier und Raumfahrer dargestellt, sondern er ist absolut Mensch geblieben. Abends hat er mit uns ein Bierchen getrunken, wir haben Witze erzählt. Das war so ganz normal und ganz nett. Er erzählte auch davon, dass ihm Dinge wie Reden halten oder sich vor der Kamera präsentieren schwerer gefallen sind, als die Raumfahrt und seine Reise ins Weltall selbst. Reden sei eigentlich überhaupt noch nie sein Ding gewesen - aber er hat es gemacht und nett rübergebracht.
Christel Tröger
Was mir beim Besuch von Sigmund Jähn besonders positiv auffiel: Er kam ja mit dem Zug hierher. Wir waren so geschockt. Wir waren auf dem Bahnhof, haben ihn abgeholt, als er da ankam, mit seinem Köfferchen. Ein ganz normaler Mensch auf dem Bahnhof, das war ein Gänsehaut-Moment. Er war dann ein ganzes langes Wochenende hier und wir haben sehr viel Zeit mit ihm verbracht. Am letzten Tag haben wir auch gemerkt, dass der Besuch anstrengend für ihn war: kein Wunder, wir hatten ein riesiges Programm für ihn aufgestellt: alles zeigen was geht, keine Zeit zum Luftholen. Davon können wir immer wieder erzählen und schwärmen – so etwas Tolles haben wir hier erlebt!
Hartmut Lindner
Als Sigmund Jähn 2013 nach Schmarl kam, hatten wir sehr viel tolle Unterstützung durch die Krusensternschule. Wir hatten das ja langfristig vorbereitet, haben sogar kurz vorher noch Plakate aufhängt, die den Besuch angekündigt haben. Damals war gerade auch der Zirkus in der Stadt, da habe ich extra angerufen – und sie haben zugestimmt, dass wir die Plakate über die Zirkusplakate hängen. Ich bin damals durch ganz Schmarl gefahren und als ich kurz vor 17 Uhr das letzte Plakat am Gittertor der Schule anbrachte, fuhr er schon mit dem Auto vor. Er ist selber gefahren. Das erste was er gesagt hat, noch aus dem Fenster raus: „Hartmut, wir sind Vogtländer, wir reden per Du.“
Wir hatten damals zwar ein bisschen finanzielle Unterstützung für die Veranstaltung, aber kein Honorar für ihn – und er hat auch keins verlangt, wo andere für so einen Auftritt große Summen verlangt hätten. Unsere Eintrittskarten waren innerhalb von zehn Minuten weg. Ich wurde damals dafür kritisiert, dass wir die Veranstaltung nicht im Barocksaal oder an der Uni durchführten. Aber unser Prinzip ist eben: So eine Person muss zu uns „normalen Bürgern“. Nach seinem Vortrag haben die Leute Schlange gestanden, um ein Autogramm zu bekommen – und er hat allen eins gegeben, obwohl wir gar nicht viel Zeit hatten. Es war ja schon Kaffee im Clubraum vorbereitet - man lässt sich ja was einfallen, wenn so eine Person kommt. Wir haben einen Aal organisiert, den haben wir ihm überreicht. Er hat noch viele weitere liebevoll gestaltete Geschenke bekommen, darunter auch ein Gedicht über ihn. Von der Schule kam ein schönes Bild. Er sagte daraufhin, dass sich sein Besuch hier in Rostock wie ein Geburtstag anfühle: Er habe hier gute Freunde getroffen. Wir hatten auch drei Minuten Sendezeit im NDR, das gab es noch nie.
Nach diesem ersten Besuch wurde ich immer wieder gefragt: Wann kommt Sigmund denn mal wieder nach Schmarl? 2018 zeichnete sich ab, dass wieder ein Besuch möglich sein würde – und den haben wir dann alle gemeinsam, zusammen mit dem „Haus 12“, ein ganzes Jahr lang vorbereitet. Und auch dieses Mal war uns wichtig, dass er hier zu uns in den Stadtteil kommt. Als er kam, war das wie eine Begegnung von guten Freunden, wir begrüßten uns mit einer herzlichen Umarmung. Wir hatten hier eine kleine Ausstellung organisiert und er war ganz erstaunt darüber, wie wir so viel Material zusammengetragen haben. Als er dann hier seinen Vortrag hielt, sprach er über eine Stunde, im Stehen. Danach waren wir zum Essen im Hallenhaus und anschließend im Traditionsschiff zum Kaffee.
Nach dem Wochenende hier wollte er mit dem Zug zurückfahren, aber mein Sohn hat ihn mit dem Auto zurück nach Berlin gebracht. Er hat sich sehr bedankt. Das war am Sonnabend, dem 14. September 2019. Am 21. September um 20 Uhr habe ich einen Anruf bekommen: Sigmund Jähn ist gestorben. Dann ging das los: Alle möglichen Zeitungen riefen bei uns an – sie wollten alle das letzte Bild von ihm haben. Wir haben Sigmund Jähn als bescheidenen Vogtländer kennengelernt und behalten ihn so in guter Erinnerung.