
Ich bin in Evershagen geboren und zog mit meinen Eltern hierher, als ich drei oder vier Jahre alt war. In Evershagen hatten wir nur eine Zwei-Zimmer-Wohnung: Meine Eltern schliefen im Wohnzimmer, meine ältere Schwester und ich im Kinderzimmer. Trotzdem hatten wir damals nicht aktiv nach einer neuen Wohnung gesucht – es gab die Gelegenheit zu einem Wohnungstausch, was auch bedeutete: Wir übernahmen die Wohnung in Schmarl, so wie sie war, und mussten sie erstmal renovieren. Als meine Mutter vor einigen Jahren einen neuen Teppich kaufte, fanden wir unter dem alten nicht nur einen noch älteren, sondern auch noch Linoleum, das man auf dem Boden angeklebt hatte.
Ich bin in die Grundschule gegangen, die später abgerissen wurde. Dort befindet sich jetzt der Sportplatz. Die Grund- und Gesamtschule sind jetzt in einem Gebäude. Wir hatten damals sogar einen Schulgarten, dort wo jetzt Wildwuchs ist.
Nachmittags gingen wir immer zur Arche, zum Basteln, zum Stricken oder zum Kräutersammeln. Die Arche war eine Freizeiteinrichtung für Kinder, so ähnlich wie ein Hort. Wir trafen uns immer an der „Schiene“, die sich damals noch im kleinen blauen Haus neben dem Netto befand und zogen von dort los. Im Jugendclub „Schiene“ war ich immer mit meiner sieben Jahre älteren Schwester. Sie tanzte dort in einer Tanzgruppe, den „Kellermäusen“, und weil sie auf mich aufpassen musste, wurde ich immer mitgeschleppt. Ich habe da auch meine Hausaufgaben gemacht. Irgendwann wurde die Arche dann aufgelöst, weil sie zu wenig genutzt wurde. Manchmal war ich dort mit meiner besten Freundin alleine, aber ich hatte dort eine schöne Kindheit mit Lagerfeuer und Stockbrot. Damals war es noch so, dass du einfach rausgegangen bist. Du wurdest als Kind rausgeschickt und dir wurde gesagt, wann du zurück sein sollst. Dann hat man sich nachmittags mit der ganzen Grundschulklasse getroffen. Wir haben Fahrradtouren gemacht, durch ganz Schmarl, Fahrradrennen, Inliner-Rennen. Höhlen haben wir gebaut.
Später besuchte ich das Ostsee-Gymnasium in Evershagen. Da musste ich morgens immer mit dem Bus Linie 38 hinfahren und nachmittags wieder zurück. Morgens wurde man immer aus dem Bus geschubst, weil es viel zu voll war. Trotzdem schickten sie immer nur den kurzen Bus, auch dann, wenn alle zur Arbeit oder zur Schule mussten. Die großen Erwachsenen haben die Kinder mit den Ranzen rausgeschubst, weil die zu viel Platz wegnahmen. Dann musste ich zu Fuß über die Brücke nach Evershagen, dann kam man halt ein bisschen zu spät. Aber hier gab es eben nur eine Gesamtschule, und auf die wollte ich nicht, nachdem ich an einem Grundschultag dort zur Besichtigung gewesen war. Dort waren die Flure schwarz gestrichen, mit Graffiti dran, alles war sehr dunkel. Die großen Schüler haben uns bei der Besichtigung geschubst und gegen die Wände gedrückt. Ich habe zu meinen Eltern gesagt: Schickt mich woanders hin, ich möchte hier nicht zur Schule gehen. Dann bin ich halt aufs Ostseegymnasium gekommen und hatte dort eine Freundin aus Evershagen-Süd. Durch das Schülerticket sind wir nachmittags in ganz Rostock umhergefahren. Da hat man sich als Teenie schon frei gefühlt. Man konnte alles machen und war in der Stadt unterwegs.
Nach der Schule war ich zur Ausbildung in Schwerin und bin gependelt, aber danach habe ich in Rostock eine Wohnung gesucht. Ich habe in allen Stadtteilen geguckt, aber die Wohnung in Schmarl hat mir am besten gefallen. Also zog ich hierher. Inzwischen gibt es, außer meinen Eltern, eigentlich nichts mehr, was mich hier hält. Eigentlich möchte ich weg. Ich arbeite im ambulanten Pflegedienst und unsere WG für an Demenz erkrankte Menschen ist hier in Schmarl. Meine Oma hat damals auch in dieser WG gelebt. Ich habe sie dort gepflegt, das hat mich noch hier gehalten. Corona hat dann viel verändert: Alle sind jetzt nur noch für sich. Wenn ich mit meinem Hund durch den Stadtteil gehe, erlebe ich viel öfter Anfeindungen. Es gibt keine vernünftigen Gespräche mit den Leuten, das war vorher nicht so.
Es ist schön, dass wir hier den IGA-Park haben. Dort kann ich mit meinem Hund spazieren gehen. Und wenn Hanse-Sail ist, kann man hingehen und Schiffe angucken ohne den ganzen Andrang, der im Stadthafen ist. Die Konzerte im IGA-Park stören mich nicht – es sind ja geplante Veranstaltungen. Man kann auch mal hingehen und von außen zuhören. Man muss nicht immer gleich ein Ticket kaufen. Inzwischen ist das Gelände großräumiger abgesperrt, aber in den Sommern davor gab es nur eine Absperrung vor der Bühne. Da konnte man sich auf der Wiese eine Decke hinlegen und das Konzert hören. Das war sehr schön.
Und es gibt in Schmarl Ärzte und Einkaufsmöglichkeiten. Wir kaufen eigentlich gar nicht woanders ein, außer vielleicht mal im EDEKA in Lütten Klein. Aber ich fand den CITTI früher schöner als Kaufland. Da ist man durchgelaufen, hat eingekauft und wenn man wieder rauskam, war man auch noch satt, weil man von einem Kostprobenstand zum nächsten ging.
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