
Es muss im Jahr 1958 gewesen sein, ich war damals Student an der Uni. Damals wurden wir aufgerufen, den Volkspark aufzuforsten, dort, wo heute der Schmarler Landgang ist. Wir haben hier damals viele Bäume gepflanzt. Heute stehen noch ein paar Eichen aus dieser Zeit, eventuell auch Linden. Vorher war das hier eine Wüstenei. Es gab nur eine Straße, die es heute nicht mehr gibt. An dieser Straße standen das Gebäude des heutigen Haus 12 und noch fünf weitere Neu-Bauernhäuser. Dort wurden wir damals im Herbst abgeladen und kriegten erstmal alle Gummistiefel. Dann haben wir alle Pflanzen zugeteilt bekommen, für ein großes Areal, von dem dann nur kleine Stücke übriggeblieben sind, als man nachher beschloss, Schmarl zu bauen. Wir haben hier damals großen Spaß gehabt, Studenten haben ja immer irgendwelche Ideen. Es gab auch eine Gulaschkanone von der Volksarmee, mit Erbsensuppe für alle. Jeder bekam eine bestimmte Menge Pflanzschösslinge und sollte die nun einpflanzen. Das war aber gar nicht so einfach, denn es gab nicht für jeden einen Spaten. Also musste man warten, bis man an der Reihe war – ohne ein Loch ging es ja nicht. Insgesamt haben wir wirklich ein großes Gebiet bepflanzt – wo heute die Gärten sind, waren damals überall Bäume. Das war nicht an einem Tag gemacht, da haben wir den ganzen Herbst gearbeitet.
Viel später, 2003, zog ich dann hierher nach Schmarl. Vorher haben meine Frau und ich 33 Jahre lang in Lütten Klein gelebt, oben in einer 4. Etage. Irgendwann war klar, dass wir eine altersgerechte Wohnung brauchten, also suchten wir erstmal vier Monate lang in allen Stadtteilen. Viele Wohnungen gefielen uns gar nicht, aber hier im Hochhaus in der Vitus-Bering-Straße waren wir sofort begeistert. Dann haben wir erst überlegt, ob wir uns das leisten sollen. Die Miete war doch höher. Aber wir haben uns dafür entschieden. Inzwischen bekommen wir alle fünf Jahre ein Dankeschreiben von der WIRO, dass wir schon so lange hier wohnen.
Ich hatte einen Kollegen im Stephan-Jantzen-Ring, der sagte immer: „Ich gehe in meine Elefantenbox.“ Das waren Erdgeschosswohnungen mit kleinen Hausgärten umrahmt von einer Betonwand. Diese Wohnungen hatten eine Balkontür, durch die man in den Garten gehen konnte.
Nach der Wende zogen viele Leute, die es sich leisten konnte, ganz schnell woanders hin, zum Beispiel in eigene Häuser. Viele zogen auch in den Westen, das war für uns keine Option mehr. Aber unser Sohn ist damals gleich in den Westen gegangen, wie viele der jungen Leute, weil es dort bessere Verdienstmöglichkeiten gab. Der fühlt sich gar nicht mehr als Mecklenburger.
Durch die vielen Wegzüge ist bei uns im Hochhaus eine eigenartige Trennung entstanden. Jedes Hochhaus hat zwei Eingänge mit eigenem Treppenhaus. In dem Aufgang, zu dem meine Wohnung gehört, wohnen die Leute schon jahrzehntelang. In dem anderen wechseln die Mieter ständig. Bei uns kennt man sich so lange und versteht sich besser. Man kann miteinander reden.
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