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Margrid Zikarsky: Mein erster Arbeitsbesuch in der Bützower Wäscherei in den 1980er Jahren
@Tom (Redaktion "Stadtgespräche") . . 06. Dec 2024

Lang ist's her. An ein längst vergangenes Ereignis kann ich mich noch gut erinnern. Unter ganz anderen Bedingungen als heute mussten Frauen in Betrieben ihre Arbeit verrichten. Meine Arbeit sah damals vor, Gespräche mit Kollegen in Betrieben zu führen. Dieses Mal sollten es Gespräche mit Frauen in der kleinen Wäscherei in der Bützower Bahnhofstraße sein. Ich liebte meine betriebswirtschaftlichen Analysen und Planungen am Schreibtisch. Doch auf die Gespräche mit Menschen, die meine Arbeit bereichern sollten, musste ich mich erst einstellen. Ich machte mir Gedanken: Was werde ich den Frauen erzählen, womit fange ich an? Was wollen die Frauen hören, was erwarteten sie von mir? Am Ende überließ ich den Verlauf der Gespräche dem Zufall.

Mit gemischten Gefühlen betrat ich zum ersten Mal den Produktionsbetrieb, in dem nur Frauen arbeiteten. Als ich die Tür zur Wäscherei aufmachte, war ich erstaunt. Durch den heißen Wasserdampf, der die gesamte Halle durchzog, konnte ich nur schwach Umrisse von Maschinen und Frauen erkennen. Ich blieb an der Tür stehen – meine Augen begannen zu brennen und ich sah kaum noch etwas. Plötzlich stand eine kleine Frau mit gutmütigen Augen vor mir. Sie fasste mich an die Hand und sagte nur: „Kommen Sie schnell mit in den Aufenthaltsraum, sonst werden Sie noch nass.“ Später stellte sich heraus, dass sie die Leiterin der Wäscherei war. Ich folgte ihr wortlos, vorbei an Maschinen und schwitzenden Frauen. Der kleine Aufenthalts- oder Pausenraum war sehr gemütlich hergerichtet. Als ich gerade nach den Arbeitsplätzen fragen wollte, betraten die anderen Frauen den Raum. Alle waren heiter und lustig. Während sie sich setzten, gingen mir viele Dinge durch den Kopf. Die kleine Rede, die ich eigentlich hatte halten wollen, war plötzlich weg. Was soll ich nur sagen? Ich sah die nassen Haare, die feuchte Kleidung, die Gummistiefel an den Füßen der Frauen, die ebenfalls bis obenhin nass waren. Sollte ich ihnen jetzt noch mit meinen Sprüchen von Leistungssteigerung und Erhöhung der Arbeitsproduktivität kommen? Ich versetzte mich in die Lage dieser Frauen. Das hätte ich jetzt auch nicht hören wollen.

Die kleine liebevolle Frau, die Leiterin der Wäscherei, kam mir schließlich zu Hilfe. Sie begrüßte mich und stellte ihre Kolleginnen vor. Und sprach dann immer weiter, ich kam gar nicht mehr zu Wort. Später habe ich mich oft gefragt, ob sie mir angesehen hat, dass ich unbeholfen und in keiner guten Verfassung war. Ich war damals noch sehr jung: Was sollte ich diesen Frauen erzählen, die älter und erfahrener waren und ihre Arbeit ausgezeichnet verrichteten? Ich hätte ihnen gerne einige Fragen gestellt, stattdessen schaute ich in ihre Gesichter. Freundliche, lachende Frauen saßen mir gegenüber, fassten plötzlich Vertrauen und erzählten mir viele Dinge von ihrer Arbeit, ihren Familien, ihrer Freizeit und ihre Wünsche. Auch ich wurde immer lockerer. Schon bald standen mehrere Kollegen auf und stellten Kaffee und Kuchen auf den Tisch – plötzlich saßen wir in einer gemütlichen Runde. Als die Kaffeetafel beendet war, dachte keiner mehr daran, dass ich ja eigentlich diese Gesprächsrunde leiten sollte. Die Leiterin der Wäscherei brachte mich in die Halle, alle Frauen waren bereits wieder an ihrem Arbeitsplatz. Ich hatte plötzlich keine brennenden Augen mehr, mit jeder Kollegin kam ich ins Gespräch, sah die veralteten Waschmaschinen und Trockner, auch die alte Mangel und die großen Behälter mit der nassen Wäsche. Alle Frauen mussten die schwere Arbeit von Hand erledigen.

Ich konnte meine Tränen nicht mehr zurückhalten: Hier nun müssen die Frauen arbeiten, Tag für Tag. Sie hatten ihre Tagesnorm, das hatten sie mir vorher erzählt. Die Leiterin lief durch die Wäscherei und organisierte durch kleine Anweisungen die Arbeit. Ich bewunderte die Ausdauer, die Freude und den Humor der Kolleginnen in diesem kleinen Betrieb. Als ich mich verabschiedete, sagte ich nur: „Ich werde sehen, was ich tun kann.“ Und meinte damit die vielen kleinen Änderungswünsche, die sie in den persönlichen Gesprächen an mich herangetragen hatten. Bis heute empfinde ich Respekt und Bewunderung für diese fleißige Arbeit – und auch damals nahm ich ihn mit in mein sauberes Büro, an meinem Schreibtisch voller Akten. Vor wenigen Tagen habe ich erfahren, dass diese fleißige Frau von uns gegangen ist. Ich habe sie oft nach dieser ersten Begegnung noch oft gesehen. Über alte Zeiten haben wir nicht mehr gesprochen, doch ihren Humor und ihre lustige Art hat sie nie verloren. In meinem Herzen wird sie immer weiterleben.

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