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Gabriele Zyrus, Leitung der Montagsmaler, Mitglied des Arbeitskreises Senioren und Mitorganisatorin von Veranstaltungen, wohnt seit 1997 in Groß Klein
@Tom (Redaktion "Stadtgespräche") . . 28. Jun 2024

Ich komme ursprünglich aus Meiningen. Ich bin ja gelernte Zeichnerin und habe in Meiningen meinen Abschluss als Konstrukteurin gemacht. 1969 wurde ich dann zum Architekturstudium nach Heiligendamm delegiert. Nach dem Abschluss des Studiums ging ich zunächst nach Meinigen zurück, in meinen alten Betrieb. Dieser delegierte mich schon bald darauf für ein Jahr nach Rostock, wo ich eine Zweigstelle mit aufbauen sollte. Während dieser beiden Aufenthalte im Norden ist mir Rostock sehr ans Herz gewachsen, also beschloss ich hierzubleiben. Zunächst wohnte ich direkt auf dem Gelände meines neuen Betriebs, in der Innenstadt, in einem einzelnen Zimmer. 1979 besorgte mir mein damaliger Chef dann eine kleine 1-Zimmer-Wohnung mit Alkoven und Küche in der August-Bebel-Straße. Die Toilette lag im Keller, hatte kein Licht und wurde von allen Mietern gemeinsam benutzt. Ich habe dann über meine Betriebszugehörigkeit versucht, immerhin eine ordentliche Flur- und Toilettenbeleuchtung zu organisieren. 1979 zog ich dann nach Schmarl, in eine 1-Raum-Wohnung der AWG – und erst 1997 nach Groß Klein, in den Gerüstbauerring. Allerdings lag meine Arbeitsstelle damals im Land Brandenburg. Das hieß für mich: Montag früh um fünf auf die Autobahn, Freitagabend gegen halb sechs wieder zuhause ankommen. So ging das bis 2001, dann war mein Arbeitgeber hoch verschuldet und musste 130 Angestellte entlassen. Ich bekam für ein halbes Jahr eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (ABM).


2003 meldete ich mich im Stadtteilbüro, um zu erfahren, ob ich mich irgendwie in die Stadtteilarbeit einbringen könnte. Das Büro befand sich damals noch in dem Hochhaus, in dem jetzt „Trockendock“ untergebracht ist. Ich traf mich mit Frau Prill, der ersten Stadtteilmanagerin von Groß Klein. Sie nahm mein Angebot erfreut an. Eines Tages erzählte sie mir, dass im Dezember das „Börgerhus“ eröffnet würde. Ich ging zur Eröffnungsfeier im Dezember 2005. Dort traf ich auf den damaligen Leiter, Lars Müller, der mich sofort einlud, in der Küche zu arbeiten. Das tat ich dann mehr als sechs Jahre lang, einmal pro Woche, für drei Euro pro Stunde. Außerdem kümmerte ich mich gleich in diesen ersten Tagen des „Börgerhuses“ darum, dass es dort schön aussah: besorgte Tannengrün und gestaltete Weihnachtsgestecke. Schnell stellte sich heraus, dass es niemanden gab, der sich um den Einkauf kümmerte. Also übernahm ich das – und fuhr dafür mit meinem eigenen Auto einmal pro Woche in den Ostseepark in Sievershagen, um Lebensmittel zu besorgen. Große Mengen, einmal waren es allein 28 Kilo Fleisch.


In dieser Zeit begann im „Börgerhus“ der Zeichenzirkel von Frau Domhat. Sie lud mich dazu ein, aber er fand immer dienstags statt – und da war ich zum Einkaufen unterwegs oder mit Brötchenschmieren beschäftigt. Da gab es damals auch viel Bedarf: Wir versorgten die Bauarbeiter, die noch im Haus arbeiteten. Und auch die Schule, wenn dort Lehrer Geburtstag hatten – im Bistro, das damals noch bis 17 Uhr geöffnet war. Aber irgendwann kam ein Zeichenzirkel hinzu, der montags stattfand und von Frau Breddin angeboten wurde. Da konnte ich dann dabei sein. Am Anfang waren wir in diesem Kurs, der sich „Die Montagsmaler“ nannte, sieben Leute. Später kamen noch Leute aus Lichtenhagen und Lütten Klein hinzu. 2007 haben wir begonnen, Ende 2008 unsere erste Ausstellung im Börgerhus gemacht. Ich hatte damals ein schönes Blumenbild gemalt und wollte es Weihnachten eigentlich meiner Schwägerin schenken. Aber eines Tages, als ich gerade in der Küche arbeitete, fiel mir eine Frau mit einem großen Beutel auf, die mich so seltsam anlächelte. Erst mal dachte ich mir nicht viel dabei – aber als ich zum Feierabend alles aufräumte, war mein Blumenbild verschwunden. Und weder das Bild noch diese Dame sind je wieder aufgetaucht. Das war leider kein Einzelfall: Insgesamt vier Bilder der Montagsmaler haben offenbar so große Liebhaber gefunden, dass sie ungefragt mitgenommen wurden. Trotzdem machen wir seit 2008 jedes Jahr eine Ausstellung, mit einer richtigen Eröffnung mit Musikprogramm, zu der wir auch immer den Dienstags-Malkurs einladen, zu dem wir Kontakt halten und den wir sehr mögen. Beim letzten Mal hatten wir sogar einen Musiker vom Theater, weil wir unser 15jähriges Jubiläum feierten. Irgendwann habe ich dann mit Maren Müller von der AWO verabredet, dass wir in deren Betriebsgebäude zusätzliche Ausstellungen machen. Das tun wir bis heute, mit einer kurzen Unterbrechung. 2010 hörte Frau Breddin dann auf. Das wäre eigentlich das Ende des Zeichenzirkels gewesen, also erklärte ich mich bereit, von nun an die Organisation zu übernehmen. Seitdem treffen wir uns weiterhin wöchentlich.


2011 endete meine Arbeit in der Küche. Seitdem bin ich ehrenamtlich im Arbeitskreis Senioren aktiv. Wir organisieren dort wirklich viele Dinge – vom Bastelangebot für Senioren bis zu Adventsbasteleien für Kinder. Durch meine Arbeit als Innenarchitektin kenne ich mich mit Dekorieren aus und hatte auch noch viele dafür geeignete Dinge zuhause, die wir dort verwenden konnten. Wir organisieren regelmäßig Kulturabende und auch Informationsveranstaltungen, zu Themen wie Kontensicherheit oder Pflegedienste. In den letzten Jahren gab es hier dann auch immer wieder Kabarettveranstaltungen, da habe ich dann immer den Kartenverkauf am Abend übernommen. Wir haben auch mal Musiknachmittage im Seniorenheim organisiert.


Irgendwann kam mir dann die Idee, Beiträge für die Stadtteilzeitung zu schreiben. Inzwischen sind dort schon etliche Gedichte von mir erschienen. Hinzu kam noch meine Hilfe beim Stadtteilfrühstück – da bin ich bis heute dabei, kümmere mich um die Einkäufe, bereite das Essen mit vor und decke die Tafel mit ein.


In meiner Zeit hier konnte ich erleben, wie der Stadtteil nach und nach immer schöner wurde. Es wurden Dinge gestaltet und Häuser saniert. Als ich in den Gerüstbauerring zog, gehörte das Haus noch der WG Union, wurde aber dann schon bald an FIDES verkauft, ein bayerisches Unternehmen. 2008 zog ich dann in die Willi-Döbler-Straße, in ein Haus mit Aufzug. Da wohne ich in der obersten Etage und kann auf den Hafen und das Traditionsschiff gucken, das ist einfach toll.


Das Klenow Tor war für mich ein sehr wichtiger Ort, weil man dort nicht nur Lebensmittel kaufen konnte, sondern es auch einige Textilgeschäfte gab. Einmal haben wir da sogar eine Modenschau organisiert, an einem Nachmittag. Das war sehr schön. Die vielen Ärzte, die dort einzogen, die Apotheke, bei der ich Stammkundin bin, das fand ich alles toll. Umso enttäuschter bin ich darüber, wie es im Laufe der Jahre heruntergewirtschaftet wird. Es gibt keine Auftritte von Chören mehr, keine Oster- oder Weihnachtsdekoration. Früher sah es ordentlich und gepflegt aus, heute sind die Türen defekt, sogar der Haupteingang ist gesperrt. Der schöne Bäcker ist verschwunden und damit auch das gemütliche Café. Ich kenne sehr viele Menschen, die früher oft im Klenow Tor Kaffee getrunken haben und das jetzt sehr vermissen. Nun will auch noch die AWO ausziehen, weil das Haus immer mehr verfällt.


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