
Wir wohnten genau gegenüber vom Überseehafen. Und das war in der Zeit, als der Außenhandel der DDR florierte. Da lagen auf Außenreede immer noch zwanzig Schiffe, an der Außenkante zu dritt nebeneinander. Es war immer sehr viel los.
Ich erinnere mich noch gut an mein Kinderzimmer – das war mit acht Quadratmetern nicht allzu groß. Die Bausubstanz war nicht so schön wie in unserer vorherigen Wohnung in Lütten Klein. Die Elektroleitungen lagen auf dem Putz. Und als wir im Flur die Tapete abrissen haben, kam der Putz mit. Deswegen hatten wir dann immer so Beulen in der Wand.
In den 1990ern hat dann jeder, der halbwegs Kohle hatte, zugesehen, in irgendeinem Speckgürtelreihenhaus unterzukommen. Im Osten war es ja allgemein so, dass die Wohngebiete durchmischt waren. Einkommensmäßig gab es ja sowieso keine großen Unterschiede, aber auch die Berufe waren nicht so wichtig. In unserem Haus wohnten zum Beispiel ein Apotheker, eine Ärztin und noch ein paar andere. Das änderte sich dann langsam. Irgendwann war in einer Wohnung im Erdgeschoss der Mieter rausgeworfen worden, der war ziemlich assig. Das war übel, weil die Bude dann mehr oder weniger unbewohnt war. Die Scheiben waren irgendwann eingeschlagen und die Tür eingetreten. Wer damals genug Geld hatte, zog aus der Gegend weg – und so blieben die, die arbeitslos waren und die, die dann langsam abrutschten. Trotzdem wurden die Wohnungen immer teurer, obwohl sie nicht saniert wurden. Wir hatten nicht mal die Chance, die Heizungen ordentlich einzustellen. Als einziges wurden irgendwelche Wärmemengenzähler an die Heizungen gepappt. Zu DDR-Zeiten hast du die Heizung ja nur reguliert durch Klappe auf oder zu bzw. Fenster auf oder zu. Das ging ja nachher nicht mehr. Die Heizkörper wurden verändert, aber die Leitungen nicht, deshalb klopfte es immer. Das war, als ob einer mit dem Hammer gegen ein Heizungsrohr haut. Wenn du schlafen wolltest, musstest du die Heizung deshalb immer voll aufdrehen. Fenster, Fassade und Dach waren nicht gemacht. Und dafür dann soviel Geld zahlen. So teuer war damals teilweise nicht mal eine durchsanierte Bude im Bahnhofsviertel.
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