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Uta Möhr, Jahrgang 1960 lebt seit 1998 in Lichtenhagen
@Tom (Redaktion "Stadtgespräche") . . 30. Apr 2024

Im Jahr 1998 arbeitete ich nicht mehr nur zwanzig, sondern dreißig Stunden pro Woche – und konnte mir damit auch eine andere Wohnung leisten. Wir zogen nach Lichtenhagen und hier habe ich in Ruhe meine drei Kinder großgezogen: mein Sohn war damals in der zweiten, meine Tochter in der dritten Klasse, mein Ältester ging aufs Gymnasium. Bald darauf begann ich dann in Lütten Klein als Gemeindepädagogin zu arbeiten. Später wurde ich dort, nach sehr viel Hin und Her und mit großem Aufwand, Pastorin. Eigentlich haben Pastoren „Residenzpflicht“: Sie müssen in ihrer Gemeinde wohnen. Aber wir haben in Lütten Klein keine Wohnung gefunden, die groß genug für uns war. Und so konnten wir auch weiter in Lichtenhagen bleiben.


Es war nicht schwierig, hier diese Wohnung zu finden. Vor mir hatte dort eine Familie gewohnt, die mit acht Kindern eingezogen war – und mit zehn Kindern wieder aus. Die Kinder haben gehungert und gebettelt, deshalb kamen sie dann in eine Betreuung. Obwohl die Wohnung bei unserem Einzug frisch saniert war, gab es ein Jahr später eine sogenannte Strangsanierung. Das neue Bad wurde wieder rausgekloppt. Wir hatten Bad und Toilette getrennt und es wäre gut gewesen, wenn sie das nacheinander saniert hätten, aber das war nicht der Fall. Wir hatten dann also vier Wochen keine Toilette. In dieser Zeit habe ich viele Hausbesuche gemacht.


Ich habe hier immer gern gewohnt und werde hier auch wohnen bleiben, allerdings sehr bald in einer neugebauten Wohnung an der Möllner Straße. Ich finde die Verkehrsanbindung wirklich gut, die ist ja jetzt noch mal verbessert: Es gibt zwei neue Buslinien, die ich auch wirklich gerne nutze. Da ich kein Auto habe, bin ich auf Öffis angewiesen . Die S-Bahn ist sechs Minuten entfernt. Wenn ich in meiner freien Zeit in der Lütten Kleiner Gemeinde an etwas teilnehme, bin ich trotzdem immer im Dienst. Auch deshalb ist es schön, dass ich für meinen Chor und meinen Flötenkreis nach Groß Klein fahre. Das kann ich gut mit dem Fahrrad machen oder sogar zu Fuß. Ich finde das optimal. Ich kenne die Leute dort, weil ich da mein Vikariat gemacht habe, es gibt also immer Menschen, mit denen ich ein Schwätzchen halte. Aber ich bin eben nicht im Dienst. 


Als meine Kinder klein waren, fuhren ja die Straßenbahnen noch nicht, nur die Buslinie 36. Mittags habe ich immer aus dem Küchenfenster nach dem Bus geguckt und sah meinen Sohn mit seinem gelben Anorak, der kam immer angefegt. Und dann habe ich den Tisch gedeckt. 


Ich wohne in diesem Haus nach wie vor gerne. Wenn man bedenkt, dass hier dreißig Kinder wohnen, ist es bemerkenswert ruhig. Es gibt hier zehn 5-Raum-Wohnungen und eine 4-Raum-Wohnung, deshalb wohnen hier fast nur große Familien mit drei bis fünf Kindern, einige davon kommen aus dem Ausland.


Als ich hierhergezogen bin, wohnten hier vor allem Ehepaare mit größeren Kindern. Die sind inzwischen alle weggezogen, ich bin diejenige, die am längsten in diesem Haus wohnt. Mit einer Familie hier im Haus bin ich locker befreundet, wir haben gegenseitig die Wohnungsschlüssel und unterstützen uns bei Handwerkerankündigungen und ähnlichem.


Unter mir wohnt eine WG, mir gegenüber eine Familie mit fünf Kindern, alle sehr freundlich und nett. Zu Weihnachten und Ostern hängt manchmal ein kleiner süßer Gruß an meiner Tür. Ich empfinde das hier nicht als sozialen Brennpunkt. Wenn mal irgendwas wäre, wenn es mir schlecht ginge oder ich einen Rohrbruch hätte, könnte ich bei jedem im Haus klingeln und um Hilfe bitten. Das scheint außergewöhnlich zu sein. Ich könnte mich nicht mit jedem verständigen, aber ich würde bei jedem klingeln.


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